Motettenchor taucht 200 Zuhörer in Wechselbad der Gefühle

Erhebend und verwirrend, betörend und ergreifend – es war ein Wechselbad der Gefühle, in das der Ingolstädter Motettenchor seine etwa 200 Zuhörer in der Geisenfelder Stadtpfarrkirche tauchte.

Motettenchor

Was immer sie an Emotion hervorriefen, ging dabei „durch Mark und Bein“. Auch musikalisch blieb bei einem außergewöhnlichen Konzert am Samstagabend nichts an der Oberfläche.

 

Als homogener Klangkörper, dicht und raumfüllend, interpretierten die Sänger und Sängerinnen unter der Leitung eines auch körperlich „vollen Einsatz“ liefernden Felix Glombitza Werke aus unterschiedlichen Epochen. Dass sie dabei Chronologie und Werkzusammenhang gleichermaßen aufbrachen, machte den besonderen Reiz des Abends aus. So bildete die Missa Choralis von Siegfried Strohbach mit ihrer ungewohnten Tonalität das „liturgische“ Gerüst, in das Max Regers geistliche Gesänge eine romantisch anmutende Emotionalität brachten. Facettenreich dazwischen: Der Sonnengesang des Franz von Assisi, von Enjott Schneider zum aufwühlenden Gotteslob stilisiert. Prophetischer Sprechgesang, Reminiszenzen an gregorianische Choräle und bis an die Grenze zur Kakophonie gehende Cluster machten indes Wolfram Buchenbergs sakrales Werk zur verstörenden Mahnung menschlicher Endlichkeit, die geworfen ist auf Gottes Gnade. Romuald Twardowskis „Regina Coeli“ verlieh dem abschließenden Halleluja gleichsam Flügel – ein erhebender Moment zeitgenössischer Chorliteratur.

 

Ob flüsternd oder im Fortissimo, ob in fließenden Koloraturen oder im abgehackten Stakkato – der Chor zeigte sich den enormen Herausforderungen der Werkauswahl gewachsen. Rhythmisch, in der Dynamik und in der Artikulation. Dass sie auch „locker flockig“ können, bewiesen die Sänger und Sängerinnen mit ihrer Zugabe: „My Lord what a morning“.

 

Dem Motettenchor zur Seite standen vier junge Ausnahmemusiker: Johanna Bohlen (Querflöte), Monika Weigert (Violine), Judith Hertle (Violoncell) und Georg Staudacher (Cembalo) – die „4 tunes“. Ein Name, den man sich merken sollte. Mit spielerischer Perfektion tauchte das Quartett in die barocke Gefühlswelt ein, um temporeich und exakt von filigran bis füllig Telemanns Pariser Quartett in e-Moll sowie Händels Triosonate in h-Moll zu interpretieren. Im musikalischen Gottesdienst des Abends gaben sie bildlich gesprochen den Balsam der Heilszusage auf die Wunden der Seele. Im Unterschied zur heiligen Messe stand am Ende jedoch anstelle des Segens der anhaltende Applaus eines beeindruckten Publikums.